Wenn 1,5g Protein pro Kilogramm Körpergewicht gut sind, dann müssen 2g Protein pro Kilogramm Körpergewicht noch besser sein und 4g pro Kilogramm Körpergewicht doppelt so effektiv. So könnte man grob die Entwicklung der Proteinzufuhrempfehlungen der letzten Jahre beschreiben. Vor rund 10 Jahren waren 1,5g Protein pro Kilogramm Körpergewicht noch Standard. Heute hat man das Gefühl, diese Menge müsse man schon zum Frühstück essen. Doch man muss natürlich ganz klar zwischen Proteinbedarf und Proteinnutzen unterscheiden. Der Proteinbedarf ist dabei niedriger als die Menge, die vielleicht einen zusätzlichen anderweitigen Nutzen mit sich bringt. Und genau darum soll es in den kommenden Abschnitten nun konkret gehen.
Der eigentliche Proteinbedarf
Der Proteinbedarf ist die Menge an Protein die täglich benötigt wird, um eine ausgeglichene Proteinbilanz zu erhalten. Sprich, es muss so viel Protein über die Ernährung zugeführt werden, dass der Grundbedarf des Körpers gedeckt ist und dieser seinen Status Quo halten kann. Dieser Bedarf liegt für Kraftsportler laut wissenschaftlicher Erkenntnisse bei 1,8g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Hier ist jedoch ein gewisser „Sicherheitszuschlag“ für Muskelaufbau schon miteinberechnet. Ein Mehr an Protein wird nun wohl eher nicht in mehr Muskelmasse resultieren. Aber bedeutet das nun, dass ein Mehr an Protein auch gleichzeitig „nutzlos“ ist? Nicht unbedingt!
Protein und Thermogenese
Protein ist der Nährstoff mit der höchsten nahrungsinduzierten Steigerung der Wärmeentwicklung des Körpers. Einfach ausgedrückt, zur Verstoffwechselung von Nahrungsproteinen muss der Körper sehr viel Energie aufwenden, was in einer Wärmeproduktion mündet, welche an die Umwelt abgegeben wird. In der Literatur spricht man von einem „Energieverlust“ von bis zu 25%. Umgerechnet, von 100kcal in Form von Protein kommen letztlich nur 75kcal an. Das ist natürlich sehr nützlich, wenn man gedenkt an Körperfett abbauen zu wollen. Bei der gleichen Zufuhr an Kalorien täglich, kommt es bei einer sehr proteinbetonten Ernährung entsprechend zu einer verstärkten nahrungsinduzierten Thermogenese, als bei einer proteinarmen Diät. Womit sich auch schon die Frage stellt, ist eine Kalorie wirklich eine Kalorie?
Protein und Körperfett
Wer kennt die Ängste nicht – speziell von Frauen – von einem Proteinshake nach dem Training dick zu werden. Dieser Mythos hält sich seit Jahren sehr hartnäckig! Betrachtet man die Sache jedoch einmal unter biochemischen Aspekten, fällt recht schnell auf, dass die Umwandlung von Proteinen in Fett zwar möglich ist, jedoch recht aufwändig. In der Praxis ist das eher ein irrelevanter Stoffwechselweg. Von zu viel Protein Körperfett aufzubauen ist also tatsächlich eher unwahrscheinlich.
Protein und Appetit
Protein kann appetithemmend wirken. Auch das ist einerseits für Personen mit einem „gesunden Appetit“ hilfreich, als auch für Personen, die sich in einer Körperfettreduktionsphase befinden. Weniger Appetit macht es einfacher, eine Diät mit Kaloriendefizit durchzuhalten. So konnte man in einem Experiment zeigen, dass Personen die vor einem Büffetbesuch einen Wheyprotein-Shake erhielten signifikant weniger Kalorien aufnahmen, als Personen die keine Proteine zuvor erhielten.
Protein und Sättigung
Natürlich, irgendwann kommen Appetit und Hunger trotzdem durch. Doch auch dann ist es ratsam, zu Proteinen zu greifen. Denn von den drei Makronährstoffen Kohlenhydrate, Fett und Proteine, ist es das Protein, welches am längsten und besten sättigt. Sprich, auch hier nimmt man dadurch unter Umständen weniger Kalorien auf. Wieder eine gute Sache für Personen die sich in einer Reduktionsdiät befinden.
Fazit
Auch wenn mehr als 1,8g Protein pro Kilogramm Körpergewicht für Muskelaufbau und Muskelerhalt vielleicht nicht notwendig ist, so kann eine erhöhte Proteinzufuhr dennoch gewisse Vorteile bringen. Somit macht es Sinn, hin und wieder über Phasen mit deutlich erhöhter Proteinzufuhr nachzudenken. Insbesondere wenn Diäten und Körperfettabbau im Vordergrund stehen, können Werte von über 2g Protein pro Kilogramm Körpergewicht möglicherweise nützlich und förderlich sein. Personen die sich in einer Aufbauphase befinden oder sowieso Schwierigkeiten haben, ausreichend Kalorien zuzuführen, sollten sich eher am „unteren Wert“, den 1,8g Protein pro Kilogramm Körpergewicht orientieren. Denn in einem solchen Fall können die angesprochenen Effekte eher von negativer Natur sein.
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