Schlaf: 4 Folgen von zu wenig Bettruhe

Der deutsche Philosoph Arthur Schoppenhauer sagte einst: „Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr ist.“ Und auch wenn die Menschheit zur Zeit vom guten, alten Arti noch über keinen eindrücklichen Einblick in den Stoffwechsel, die Endokrinologie und die Auswirkungen von Schlafentzug auf die Physiologie des Körpers hatte, so musste man kein Einstein sein, um zu realisieren dass bei Schlafmangel irgendwas aus dem Ruder läuft. Auf die Folgen von zu wenig Schlaf bin ich teilweise bereits in meinem Artikel „Bessere Regeneration: 10 Tipps für schnelleres Einschlafen“ eingegangen. Heute wissen wir dank modernster wissenschaftlicher Methoden ganz genau was auf psychischer und physischer Ebene schief läuft; doch gerade dies sollte jedem ambitionierten Sportler klar machen, dass es ohne eine ordentliche Mütze voll Schönheitsschlaf nicht geht. Egal ob euer Ziel folglich darin besteht erfolgreich abzunehmen bzw. den Körper zu definieren oder Muskelaufbau zu betreiben – ohne goldenen Schlaf – und ich rede hier von mindestens 7-8 Stunden pro Tag, [11] wird es eine sehr steinige Transformation, die im schlimmsten aller Fälle stagniert und für Frustration sorgen wird (abgesehen davon, dass andere Bereiche eures Lebens, etwa eure Karriere im Beruf, das Sozialleben und eure Libido ebenfalls darunter leiden werden). Speziell im Hinblick auf die Körperkulturistik habe ich mir deswegen ein paar der schwerwiegendsten Folgen von zu wenig Schlaf herausgegriffen, um euch klar vor Augen zu führen, weshalb ihr als Kraftsportler und Bodyformer unter keinen Umständen dauerhaft in einer derartigen Lebenssituation leben möchten wollt – frei nach dem Motto: Schlaf ist die beste Medizin.

Grund #1: Erhöhter Kortisolspiegel am Tag

Kortisol, welches häufig auch als „Stresshormon“ bezeichnet wird, dürfte den meisten Athleten und Fitnessenthusiasten geläufig sein. Als energiefreisetzendes Hormon zeichnet sich das Glucocorticoid, welches in der Nebennierenrinde aus Cholesterin synthetisiert wird, für zahlreiche katabole Stoffwechselvorgänge verantwortlich. Das wichtigste was man sich im Zusammenhang mit diesem globalen Player im menschlichen Körper aber merken sollte, ist folgendes: Wohldosiert ist die Kortisolausschüttung erwünscht und vorteilhaft (z.B. wenn es darum geht den Körperfettanteil zu reduzieren oder Spitzenleistung abzurufen). Dies ändert sich jedoch, wenn wir es mit einem chronisch erhöhtem Kortisolspiegel zu tun haben. Neben einem schlecht funktionierenden Immunsystem, Bluthochdruck, Insulinresistenz und einem verstärkten Appetit auf kohlenhydrathaltige Lebensmittel, erhöht sich das Risiko der Diabeteserkrankung. Abbau von Körperfett wird signifikant erschwert und auch die Knochensubstanz wird angegriffen. [7] Der Twist ist aber folgender: Zu wenig Schlaf stellt einen großen Stressfaktor für den menschlichen Körper dar. Dies führt letztendlich zu einem erhöhten Tageskortisolspiegel. Kombiniert das Ganze noch mit einem stressigen Job, einer Diät und intensivem Training und ihr habt den besten Cocktail für Stagnation (bis hin zum Burnout). So fand eine belgische Studie unter anderem heraus, dass Personen, die unter Schlafmangel leiden, insbesondere zum Abend hin mit einer erhöhten Kortisolausschüttung belastet sind (neben einigen weiteren interessanten Punkten, wie einem erhöhten Ghrelin- und einem erniedrigten Leptinspiegel (mehr Hunger) sowie Konzentrationsschwierigkeiten). [3]

Grund #2: Entgleiste Glukosekontrolle

Wo man hohes Kortisol findet, ist auch die Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechsels nicht weit! Ich bin bereits im oberen Paragraphen auf die erhöhten Ghrelin- und erniedrigten Leptinwerte eingegangen. [9][10] Also ob der verstärkte Appetit und nagender Hunger die Reduktion von Körperfett nicht erschweren würde, so muss sich der Eisenathlet bei zu wenig Schönheitsschlaf auch gleichzeitig mit einem entgleisten Kohlenhydratstoffwechsel herumschlagen. Hierzu reicht anekdotische Berichte über akuten Schlafmangel, etwa wenn ihr mal eine Nacht mit den besten Freunden auf der Piste verbringt und euch am nächsten Tag fragt, weshalb es euch so verdammt schwer fällt den Kohlenhydrathunger unter Kontrolle zu halten. [3] Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte. In weiteren Untersuchungen konnten Forscher die Beeinträchtigung der Insulinsensitivität bei Schlafmangel nachweisen. Stumpft die Insulinsensitivität ab, [3][1] spricht man von einem Zustand der Insulinresistenz: die Zellen reagieren auf eine identische Menge an Insulin weniger stark; die Folge: unser Körper muss mehr Insulin ausschütten, um zugeführte Kohlenhydrate fachgerecht zu verstoffwechseln. Mangelnde Insulinsensitivität ist aber gleichzeitig ein Biomarker (und damit Indikator) für einen sich ankündigenden Diabetes mellitus Typ II - die Zuckerkrankheit.

Grund #3: Erhöhte Fetteinlagerung

Okay, jetzt haben wir es schon mit hohem Kortisol und einer schlechten Kohlenhydrattoleranz zu tun. Wie schlimm kann es eigentlich noch werden?! Natürlich können wir das Ganze noch toppen und zwar mit einer erhöhten Fetteinlagerung bzw. hartnäckigen Fettpolstern („stubborn fat“). Korrelationsstudien zeigen seit vielen Jahren die vorteilhaften Effekte von ausreichend Schlaf auf den Hüftumfang. [8][12] Doch das eigentliche Problem liegt nicht einmal so sehr bei dem subkutanem Fettgewebe (unter der Haut) sondern viel mehr beim Aufbau und Erhalt von viszeralen Fettdepots (um die Organe herum). In einer recht interessanten Studie untersuchten Forscher der John Carroll University die Melatoninspiegel, die metabolischen Parameter, der Verhaltensweise und der Biorhythmik bei Nagetiere, die entweder 12 Stunden an Tageslicht und 12 Stunden an Dunkelheit ausgesetzt wurden, die 24 Stunden in Dunkelheit verbrachten oder 24 Stunden mit Tageslicht lebten (also 3 Gruppen). Hierin zeigten die Forscher nachweislich, dass die Tiere, die kontinuierlich bei Tageslicht lebten einen signifikanten Anstieg des viszeralen Fettgewebes verzeichneten – und das obwohl die Tiere weniger aßen, als die anderen beiden Gruppen. [2] (Soviel zum Thema „Stoffwechsel crashen“). Und auch in anderweitiger Literatur (Langzeitstudien!) zeigt sich, dass es eine positive Korrelation zwischen Schlafdauer und Übergewicht gibt. [8]

Grund #4: Schlaf & Trainingsperformance

Schließlich endet alles am Ende auf der Trainingsfläche. Ich denke, es ist nicht nötig in extensiver Form auf die Auswirkungen von Schlafmangel auf die Performance im Training einzugehen – jeder, der schon einmal nach eine schlaflosen Nacht das Studio aufsuchte, wird vermutlich ganz eigene Stories darüber erzählen können: schlechter Fokus, schnellere Atemlosigkeit und erhöhte Erschöpfung, Stagnation und vermutlich auch eine verschlechterte Regeneration von vorhergehenden Trainingssession. Mit einem Mal wird das Pensum, was man vorher zwar mit nasser Stirn - aber dennoch erfolgreich - bewältigt hat, schier unschaffbar. Wer sich ohne Weiteres in einen Zustand des Overreachings (Vorstufe des berühmt-berüchtigten Übertrainings) befördern möchte, der muss für wenige Tage lediglich die Schlafzufuhr cutten. [4] Dass es so auf Dauer nicht geht, sollte jeder Athlet einsehen.

Abschließende Worte

Ich denke ich habe die Punkte, die ich rüberbringen wollte, soweit klar gemacht. Es macht nichts, wenn ihr dann und wann eine Nacht auslasst, weil ihr euer Sozialleben pflegen wollt. Bei Schlafproblemen solltet ihr euch jedoch anfangen Gedanken zu machen; lasst wenig Schlaf nicht zum Dauerzustand werden und macht es euch nicht unnötig schwerer, als es sein muss. Smartes Training und eine gute Ernährung sind die Bausteine für einen fitten und muskulösen Körper, doch genauso gehört auch die entsprechende Regeneration in Form von Schlaf dazu. Es ist eben doch ein Lifestyle, mit dem wir es zu tun haben, ein 24-Stunden-Job, der zwar die geistige Kapazität nicht permanent vereinnahmt, bei dem man sich aber durchaus Gedanken zur Optimierung machen sollte.

Quellen

[1] Copinschi, G. (2005). Metabolic and endocrine effects of sleep deprivation. In: Essential Psychopharmacology. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16459757. [2] Murphy, HM. / Wideman, CH. (2009). Constant light induced alterations in melatonin levels, food intake, feed efficiency, visceral adiposity, and circadian rhythms in rats. In: Nutritional Neuroscience. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19761654. [3] Leproult, R. / Van Cauter, E. (2010). Role of Sleep and Sleep Loss In Hormonal Release and Metabolism. In: Endocrine Development. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19955752. [4] Backx, FJ. et al. (2009). Evaluation and opportunities in overtraining approaches. In: Research Quarterly for Exercise and Sport. URL: www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02701367.2009.10599617. [5] WebMD.: Are You Getting Enough Sleep? URL: http://www.webmd.com/sleep-disorders/guide/sleep-requirements. [6] ScienceDaily (2003): 'Sleep Debts' Accrue When Nightly Sleep Totals Six Hours Or Fewer; Penn Study Find People Respond Poorly, While Feeling Only 'Slightly' Tired. URL: http://www.sciencedaily.com/releases/2003/03/030314071202.htm. [7] MedlinePlus.: Cushing Syndrome. URL: ://www.nlm.nih.gov/medlineplus/ency/article/000410.htm. [8] Hasler et al. (2004): The association between short sleep duration and obesity in young adults: a 13-year prospective study. In: Sleep. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15283000. [9] Taheri et al. (2004): Short sleep duration is associated with reduced leptin, elevated ghrelin, and increased body mass index. In: PLoS Medicine. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15602591. [10] Spiegel et al. (2004): Brief communication: Sleep curtailment in healthy young men is associated with decreased leptin levels, elevated ghrelin levels, and increased hunger and appetite. In: Annals of Internal Medicine. URL:http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15583226. [11] Colton, HR. / Altevogt BM. (2006): Sleep Disorders and Sleep Deprivation: An Unmet Public Health Problem. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK19961/. [12] Gonnissen et al. (2013): Sleep duration, sleep quality and body weight: Parallel developments. In: Physiology & Behavior. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23643826. [13] Patel, SR. / Hu, FB. (2008): Short Sleep Duration and Weight Gain: A Systematic Review. In: Obesity. URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1038/oby.2007.118/full.
Tags: Schlaf Muskelaufbau Leistung Cortisol Leptin intensität Diät

Kommentare (1)

anonym

May 15, 2014 09:21

der philospoh heißt schopenhauer^^

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