Der heutige Artikel richtet sich hauptsächlich an all jene, die nur wenig Fleisch auf den Rippen haben und Schwierigkeiten besitzen, qualitative Muskelmasse aufzubauen. Vielleicht habt ihr ja bereits einige Texte zum Thema – allen voran „
Den Hardgainer-Mythos“ – und
Teil I und
Teil II aus der Rubrik „
Hardgainer: 5 Trainings- und Ernährungsrichtlinien“ gelesen. Falls nicht, dann habt ihr jetzt noch einmal die Gelegenheit dazu!
Ich mache kein Hehl daraus, dass ich kein Freund der Bezeichnung
„Hardgainer“ bin. Warum? Ganz einfach: lupenreine ektomorphe Körpertypen kommen nur selten vor, insofern besitzt jeder, der sich in diese Schublade steckt gewisse Anlagen und Charakteristika der anderen Typen. (Daher spricht man auch oft vom „Mischtypus“)
Hardgainer – das ist eine Sammelbezeichnung für all jene Kraftsportler und Eisenjunkies, die es nicht auf die Reihe kriegen Training und Ernährung so zu koordinieren und sich selbst sabotieren.
Viele sind ungeduldig und werfen die Flinte zu schnell ins Korn, anstatt an ihrem Ziel dranzubleiben und ihren Lifestyle schrittweise zu optimieren. Oftmals ist fehlendes Wissen für fehlende Fortschritte verantwortlich:
Mir ist beispielsweise nie klar geworden, weshalb viele dünne Athleten unbedingt auf ihr stundenlanges Cardiotraining beharren, wenn sie ohnehin nicht viel Masse mit sich herumschleppen. Und wer denkt, er könne das Herz-Kreislauf-System mit Kraftsport oder Intervalltraining nicht trainieren, der sollte noch einmal darüber nachdenken! (Eitelkeit und der Wunsch nach einem Sixpack tut ihr übriges)
Das Ziel des „Hardgainers“ sollte daher nicht unbedingt in der Begrenzung KFA-Anstiegs durch unzureichende Ernährung oder einem möglichst hohen Energieverbrauch (verbrachte Zeit im Studio) liegen, sondern im kompromisslosen Aufbau qualitativer Masse.
Die hier dargebrachten Tipps sollen als Ergänzung zu den weiter oben zitierten Artikeln sein, richtigen sich aber in ihrer Gesamtheit an
jeden, der Probleme mit dem Aufbau von Muskelmasse hat.
Tipp #1: Trainiert kürzer, aber intensiver
Vielleicht kennt ihr den Ausspruch
„Wer ernten will, der muss vorher säen.“ Nun, im Kraftsport und Bodybuilding ist es ein ähnlicher Sachverhalt. Der Bauer kann die Saat unter die Erde bringen und muss sich alsdann mit der Pflege des bestellten Feldes beschäftigen. Wird das Feld nicht gegossen oder von Unkraut befreit, dann wird der Samen eingehen und es wird nichts wachsen. Er kann für die Saat optimale Bedingungen schaffen, in dem er die Erde mit Mineralien und Nährstoffen anreichert (Dünger), doch abseits dessen ist er zum Warten verdammt – er kann das Feld nur gießen.
Und im Bodybuilding? Auch da können wir nur die Saat ausbringen, in dem wir einen Aufbaureiz setzen. Zusätzliches Training (mehr Sätze, mehr Volumen) wird die Schäden in der Muskulatur verstärken und die Regeneration verzögern. Wer zu lange trainiert, der stiftet vermutlich mehr Schaden, als das es ihm Nutzen bringt. Ist der Reiz gesetzt, so sollte man schleunigst seinen Kram zusammenpacken und damit anfangen, die optimalen Wachstumsbedingungen herzustellen und die Saat seiner Arbeit zu gießen.
Lasst ggf. auch das Cardio nach dem Training links liegen [1] und beschränkt euch auf die Wesentlichen
Grundübungen.
Trainiert 40 bis maximal 60 Minuten und bleibt produktiv.
Tipp #2: Esst regelmäßig
Egal ob ihr der klassischen
„alle 3 Stunden“-Ernährung oder einem
Intermittent-Fasting-Protokoll folgt: nach dem Training (und auch in der Zeit davor) wird gegessen, basta! Der Konsens geht heute dahin, dass
die Anzahl der Mahlzeiten nicht so entscheidend ist, wenn es um den Erfolg in unserem Sport geht, sofern die Nährstoffbedürfnisse des Körpers gedeckt werden. Jedoch kann nicht bestritten werden, dass viele kleinere kohlenhydratbetonte und proteinreiche Mahlzeiten für ein gleichmäßigeres anaboles Signal sorgen.
Schlechte Esser schaffen es erfahrungsgemäß mehr Kilokalorien im Tagesverlauf aufzunehmen, wenn sie sich klassisch ernähren und wir alle wissen genau was das heißt: eine kluge
Ernährungsplanung ist das A und O. Nehmt euch daher am Abend ein wenig Zeit und plant
den kommenden Tag im Geiste durch, kocht vor und packt euch das Essen für unterwegs ein. Nur so könnt ihr sicherstellen, dass ihr rund um die Uhr mit den richtigen Lebensmitteln versorgt seid.
Zwar könnt ihr, wenn ihr über einen geringen Körperfettanteil verfügt, auch unterwegs essen, doch sollte euch stets klar sein, dass die Mahlzeiten dann vermutlich weniger nährstoffreich und in ihrer Zusammensetzung nicht derart optimal ausfallen, als wenn ihr sie selbst zubereitet hättet. (Die Durchschnittsbevölkerung ist mit Protein eher unterversorgt, mit simplen Kohlenhydraten überversorgt und in hohem Maße von stark verarbeiteten Industrielebensmitteln abhängig – siehe hierzu auch den Punkt „
Sünde #3: Schlechte Vorbereitung“)
Wenn ihr Muskeln aufbauen wollt, dann solltet ihr euch vor allem Gedanken um die Post-Workout-Phase machen. Da ich im Studio arbeite und mich mit den Mitgliedern unseres Gyms austausche, stelle ich immer wieder fest, dass diejenigen, bei denen es kaum bis gar nicht vorwärts geht, nach dem Training nichts mehr essen und sich eher hungrig ins Bett legen, als zu Hause noch eine Mahlzeit einzunehmen. Schließlich will man ja nicht, „
dass das Training umsonst war.“ Das ist Bullshit und es bremst euch aus – seid nicht diese Leute! (Siehe auch „
Gebot #3: Esst nach dem Training“)
(Anmerkung: Eure Post-Workout-Mahlzeit wird für die Reparaturbedürfnisse des Körpers herangezogen. Fettzunahme, selbst bei Anwesenheit von Kohlenhydraten, ist in diesem Zeitfenster am unwahrscheinlichsten. Darauf fußen ganze Ernährungssystem, wie das Carb Back-Loading! [2])
Tipp #3: Verlasst euch nicht auf Supplemente
Habt ihr noch meine Definition des Hardgainers vor Augen? „
Personen die Training und Ernährung nicht unter einen Hut bekommen.“ Ein ganzer Wust von Athleten, die sich über mangelnde Fortschritte beklagen, sind zu bequem, um ihr bestelltes Feld nach getaner Arbeit zu bewässern, d.h. alle nötigen Vorkehrungen für eine optimale Versorgung des Körpers durch Nahrung, zu treffen. Statt sich Gedanken um die Ernährung zu machen, glauben viele, dass die eigentliche Magie in Dosen und Pulvern zu finden ist.
Erst gestern habe ich zu diesem Thema einige klärende Worte verloren. („
4 Regeln zum Supplementkauf: Lasst euch nicht verarschen“) Nicht falsch verstehen:
Inuitive Ernährung garniert mit einer smarten Supplementation kann ausreichen, um den Aufbau eines Topbodys zu ermöglichen, doch sofern ihr euch gerade dabei ertappt, wie ihr diesen Artikel lest (und damit vermutlich Probleme beim Aufbau von schierer Masse habt), dann wird dies vermutlich nicht auf euch zutreffen.
Nahrungsergänzungsmittel sind eben das, was der Name impliziert: eine Ergänzung, kein Ersatz. Whey und Creatin können euch einen kleinen Vorteil und eine gewisse Bequemlichkeit einbringen, doch sie können eine unzureichende Ernährung niemals ersetzen.
„Der Mensch lebt nicht von Brot allein,“ heißt es in der christlichen Bibel – ich sage: „
Der Bodybuilder lebt nicht von Protein allein!“ Und wer versucht, seinen Kalorienbedarf mit Protein zu decken, der hat die Sache mit der Ernährung in den falschen Hals bekommen.
Spart euch das Geld und lasst exotische Supplemente links liegen. Investiert lieber in eine sinnvolle Ernährung und haltet euch dann – sofern noch etwas übrig bleibt – an die im verlinkten Artikel gelieferten Tipps und Ratschläge. Mehr als die
Basics werdet ihr nicht benötigen.
Tipp #4: Gönnt euch ausreichend Ruhe
Habt ihr auch diesen Tick, dass ihr beim Sitzen / lLmmeln mit dem Bein hin und her wippt? Seid ihr stets in Action, treibt außerhalb des Eisentrainings Sport und seid eher selten zu Hause anzutreffen?
Seid ihr ein Zappelphillipp? Die meisten schlanken Menschen behaupten, sie hätten von Natur aus einen schnellen Stoffwechsel, doch tatsächlich fällt es ihnen schwer sich einen Moment mal
nicht zu bewegen. Das Wippen und durch die Gegend tigern mag für sich allein nicht viel Energie verbrauchen, doch wie heißt es so schön?
„Auch Kleinvieh macht Mist!“
Aktivitäten mit niedriger Intensität können für die Regeneration förderlich sein. Sie regen die Durchblutung und damit die Nährstoffversorgung der Muskulatur an, sorgen für einen erhöhten Appetit und vertreiben die Müdigkeit aus den Knochen. Was die meisten Athleten jedoch nicht bedenken, ist, dass diese Tätigkeiten auch eine gewisse Menge an Energie verbrauchen. Ruckzuck wird aus dem rechnerischen Kalorienverbrauch von 2.800 kcal ein Wert von 3.100-3.300 kcal und das vermeintliche „Kalorienplus“ schmilzt wie ein Eis im Hochsommer.
Übergewichtige Menschen neigen dazu, ihre Kalorienaufnahme zu unter- und den Verbrauch zu überschätzen. Untergewichte Menschen haben eher das umgekehrte Problem.
Darüber hinaus: Wenn ihr regelmäßig am Eisen seid und pflichtbewusst euer Workout absolviert (d.h. 3-5x die Woche trainiert), dann solltet ihr euch gezielt Tage heraussuchen, an denen ihr euch Ruhe gönnt! Das bedeutet für den Zappelphillipp:
Keine ausgedehnten Caridoeinheiten, weil das Gewissen ruft. Ihr werdet sichtlich überrascht sein, wie frisch ihr euch am nächsten Tag fühlen werdet. Mit neu getankter Kraft und Elan geht es dann ins Studio, um neue Bestrekorde aufzustellen und die Muskeln zum Wachsen zu bringen. (Vergesst niemals, dass euer Stoffwechsel nach einer Session am Eisen um bis zu 48 Stunden lang erhöht ist! Gebt ihm die Zeit, die er benötigt, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen und die Energiereserven zu regenerieren!)
Abschließende Worte
Ausbleibende Erfolge bei Muskelaufbau sind selten genetisch bedingt oder auf den „schnellen Stoffwechsel“ zurückzuführen. (Ausnahmen bestätigen die Regel!) Es ist vielmehr eine freiwillige (jedoch oft unbewusste) Entscheidung.
Ungeduld, Bequemlichkeit, mangelndes Wissen und Rastlosigkeit sind signifikante Gründe, weshalb die Bemühungen im Studio vergebens bleiben.
Führt Buch über Training und Ernährung, analysiert euer Bewegungsverhalten im Wochenverlauf und fragt in einschlägigen Foren nach nützlichen Ratschlägen und Tipps, wie man den ganzen Prozess noch weiter verbessern kann. Fehler, die euch verborgen bleiben, können durch das Einholen objektiver Meinungen offengelegt werden. Die „Kurskorrektur“ liegt dann in eurer Hand.
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