Es gibt Menschen, die können essen was sie wollen (und in der Menge, die sie wollen), ohne dass sie dabei nennenswerte Mengen an Körperfett aufbauen – manch einer würde sie auch als Gewinner der genetischen Lotterie bezeichnen, denn in der heutigen Zeit besteht das Problem eher in einer zu hohen als einer zu niedrigen Kalorienzufuhr. Auf der anderen Seite gibt es auch diejenigen, die ein Stückchen Torte nur anzusehen brauchen, um gefühlte 5 kg zuzunehmen.
Okay, vielleicht ist es nicht ganz so hart, aber es gibt durchaus Leute, die darauf schwören dass sie unabhängig von der Wahl der Nahrungsmittel rapide zunehmen, wenn sie einen magischen Punkt bei der Kalorienzufuhr überschreiten …
und das obwohl sie für ihren Körpertyp, Größe und Gewicht verhältnismäßig wenig Energie zuführen.
Ein verlangsamter Stoffwechsel ist oftmals das Resultat einer rigiden Nahrungseinschränkung bzw. eine
chronischen Limitierung der Kalorienzufuhr auf einem denkbar niedrigen Level. Ich hatte bereits in einem
früheren Artikel über die Folgen einer harten Diät im Hinblick auf die Adaption des Metabolismus hingewiesen. Man kann sie zwar hinauszögern, aber niemals komplett verhindern, da es sich um einen Schutzmechanismus unseres Körpers handelt,
bei dem wichtige Energie konserviert wird.
Der Bauplan des Menschen stammt noch aus einer Zeit, in der Nahrungsmittelknappheit eine durchaus reelle Gefahr gewesen ist – wenn IHR euch in eine Diät stürzt, weil EUCH der Anblick im Spiegel nicht gefällt, dann heißt es noch lange nicht, dass euer Körper das genauso sieht wie ihr.
Es gibt sogar einige Theorien auf diesem Gebiet, die postulieren, dass eine erfolgreiche Abnahme von unliebsamen Pfunden schwerer wird, je öfter man sich in eine zünftige Diät stürzt. Unser Body ist nicht dumm und wenn er regelmäßig mit Hungersnöten (=Moderates bis hohes Kaloriendefizit in einer Diät) konfrontiert wird, dann stellt sich auch eine gewisse Effizient in der Konservierung von Fettenergie ein.
„Moment,“ werden nun einige von euch einwerfen, „die Profis machen das doch auch so. Erst Massephase und dann wird gecuttet! Und das machen die mehrmals innerhalb weniger Jahre.“
Ja, das ist natürlich richtig. Die Profis sind Weltmeister, wenn es darum geht sich Kilos anzufuttern und dann in einer 8-12 wöchigen Diät die aufgebaute Muskelmasse freizulegen. Aber hey, die bauen auch in einer Diät noch auf und kochen mit Sicherheit nicht mit Wasser. Es gibt genug (illegale) Mittel, die dafür sorgen, dass Schilddrüse und Hormonspiegel am Laufen gehalten werden. Sofern ihr also kein Mutant seid oder euch mit der Ratio der Pharm eindeckt, gelten diese Maßstäbe nicht für euch.
Eine Diät ist eine Sache und eine Reduktion des Stoffwechsels in einem derartigen Kontext nicht vermeidbar (aber dennoch unter dem Strich hinauszögerbar). Manchmal werde ich von allerdings von Trainierenden angesprochen,
die sich gar nicht in einer Diät befinden, aber dennoch mit einem hinkenden Stoffwechsel zu kämpfen haben. Das sind dann auch diejenigen, die einen Kuchen nur von weitem riechen müssen, um am Bauchumfang zuzulegen.
Wenn diese Menschen ihr Schicksal akzeptieren und bei ihrer niedrigen Kalorienzufuhr bleiben, beklagen sie sich über mangelnden Muskelaufbau, doch wenn sie auch nur ein stückweit drüber liegen und mehr essen, dann haben sie das Gefühl, dass sie lediglich reines Fett zulegen.
Hier kommt der Kicker: Selbst wenn ihr euch nicht in einer Diätphase befindet, kann euer Metabolismus entweder durch eine vorangegangene Diät in Mitleidenschaft gezogen worden sein oder ihr habt eklatante Nährstoffmängel, die den Körper davon abhalten den Stoffwechsel auf volle Fahrt zu bringen. So etwas kann einem den Spaß am Training schon mal verderben, oder?
Doch woran kann das liegen? Was sind Gründe, die dafür verantwortlich sind?
Wir machen eine kleine Bestandsaufnahme.
Grund #1: Ihr esst zu wenig
Die Hauptursache eines langsamen Stoffwechsels findet sich natürlich in der Makronährstoffzufuhr. Je größer euer Kaloriendefizit ist und je länger ihr euch darin befindet, umso stärkere Maßnahmen wird euer Körper ergreifen, um den Stoffwechsel herunterzufahren. In aller Regel merkt ihr es daran, dass euch ziemlich schnell kalt wird (allen voran die Hände und Füße).
Die Körpertemperatur ist ein relativ zuverlässiger Indikator für die Lage des Stoffwechsels und eine erniedrigte Körpertemperatur weißt auf einen einschlafenden (oder bereits eingeschlafenen) Stoffwechsel hin. [1][2][3]
Viele Athleten steigern viel zu hart in eine Diät ein und nehmen sich dann die Grundlage für weitere Anpassungen, um die Reduktion des Metabolismus so lange wie möglich hinauszuzögern. Wenn ihr mit einem Defizit von 1.000-1.500 Kilokalorien loslegt (und euch wohlmöglich unter eurem Grundumsatz bewegt) findet ein sehr zügiger Shut-Down des Stoffwechsels statt, den man auch liebevoll als „Crash“ bezeichnen kann. Wenn das Körpergewicht erst in der Diät stagniert, steht ihr vor der Wahl: Noch weniger (Nichts) essen oder eine Gewichtszunahme riskieren – keine schönen Aussichten wenn ihr mich fragt.
Die Lösung: Berechnet zu Beginn einer Diät euren Gesamtbedarf und zieht davon 10-20 % ab. Nehmt nach mehreren Wochen (erfolgreicher Diät) eine Re-Evaluation eures Gesamtbedarfs vor, um die Reduktion des Körpergewichts zu berücksichtigen und ermittelt in regelmäßigen Abständen den neuen Wert abzüglich 10-20 % um die Diät am Laufen zu halten
Kleine Diätpausen von 1-2 Wochen können euch dabei behilflich sein, um ein zu starkes Absinken des Stoffwechsels zu verhindern.
Grund #2: Ihr schlaft zu wenig
Schlaf ist wichtig für den Körper – im Grunde genommen so wichtig wie Wasser und Luft zum Atmen. Ihr könnt zwar die Nächte durchfeiern oder mehrere Tage wach bleiben, aber der Körper wird sich dafür auf die eine oder andere Weise erkenntlich zeigen. Wenn ihr euren Body auf positive Art und Weise verändern wollt, dann kommt ihr nicht um eine ausreichend lange Bettruhe pro Tag aus – die Folgen von zu wenig Bettruhe habe ich
an dieser Stelle dargelegt.
Im Schlaf finden viele (Regenerations-)Prozesse statt, für die im Alltag keine Zeit bleibt. Wir verstehen zwar noch immer nicht genau, weshalb wir schlafen müssen und was dabei passiert, doch wir wissen genug um sagen zu können, dass Schlaf essenziell für einen gesunden Stoffwechsel ist. Vielleicht habt ihr das Gefühl, dass ihr mit 4-6 Stunden super zurechtkommt, aber vielleicht redet ihr euch das auch nur ein. In der langen Frist wird sich der Schlafmangel auf eure Performance und eure Körperkomposition auswirken. (Schlafmangel führt zu einem erhöhten Kortisolspiegel; hohes Kortisol führt zu Muskelabb- und Fettabbau – den Rest könnt ihr euch denken).
Die Lösung: Ein hart trainierender Athlet braucht seinen Schönheitsschlaf, daher solltet ihr auf 7-9 Stunden pro Tag kommen. Nickerchen sind durchaus erlaubt und auch erwünscht, etwa am späten Nachmittag in Form eines Power-Naps vor dem Workout.
Grund #3: Ihr trinkt zu wenig
…und damit meine ich nicht Schnaps und Bier, sondern das gute alte H2O – Wasser! Der menschliche Körper besteht bis zu 65 % davon (bei Frauen sind es eher 50-55 %) und es ist auch der wesentliche Grund, weshalb die Erde lebt – kaum ein Organismus, der nicht auf das kühle Nass angewiesen ist.
Selbst ohne harten, schweißtreibenden Sport verlieren wir knapp 2,5 Liter Wasser am Tag durch Schweiß, Urin und Abatmung – diese verlorenen Reserven gilt es zu ersetzen, wobei dies entweder durch Flüssigkeitsaufnahme oder feste Nahrung erfolgen kann (Obst und Gemüse sind z.B. sehr reich an Wasser) Kommt es zu Wasserknappheit, dann wird der komplette Stoffwechsel in Mitleidenschaft gezogen, da die Essenz des Lebens an der Beförderung von Nährstoffen, Hormonen und Enzymen beteiligt ist (Blut). Auch die Schadstoffausscheidung wird mittels Wasser reguliert (Urin) und in Zeiten großer Anstrengung oder hoher Temperaturen wirkt es als Kühlmittel (Schweiß).
Bereits ab einem Flüssigkeitsverlust von 2 % könnt ihr damit rechnen, dass eure Kraftwerte sich ins Tal verabschieden. [4][5]
Die Lösung: Ein Mindestkonsum von 1,5 Liter Wasser pro Tag ist dringend erforderlich, um den Stoffwechsel am Laufen zu halten. Bei hohen Temperaturen und körperliche Anstrengung dürft ihr auch gerne noch 1-1,5 Liter Wasser hinzufügen, um den Wasserhaushalt zu stabilisieren. Die Farbe eures Urins ist für den Hydrationszustand eures Körpers ein guter Indikator – er sollte durchsichtig und farblos sein.
Grund #4: Du isst zu wenig Protein
Protein ist der Baustoff aus dem die Muskelträume gefertigt sind und auch wenn ein „normaler“ Konsum (d.h. eine gerade so ausgeglichene Bilanz) euren Stoffwechsel am Laufen halten wird, so kann eine zusätzliche Menge – wie sie oft für (Kraft-)Sportler und Bodybuilder empfohlen wird – den Metabolismus noch weiter steigern. Warum?
Ganz einfach: Die Verdauung unserer Nahrung ist eine sehr energieintensive Angelegenheit. Um die Proteine in seine elementaren Bestandteile zu zerlegen, muss der Körper hart ackern – was nichts anderes heißt, als dass ein Teil der in den Proteinen enthaltenen Energie (Kalorien) sofort wieder im Verdauungsprozess verbrannt wird. Diese Größe, die man auch als TEF bezeichnet („thermogenic effect of food“) ist bei Protein am höchsten und bei Fetten am geringsten. Die Kohlenhydrate liegen irgendwo dazwischen.
Es ist kein Geheimnis, dass Ernährungsformen und Diäten, die reich(er) an Protein sind, besser abschneiden, wenn es um die Körperkomposition geht, als proteinarme Kost. Es steht nicht nur ausreichend Baustoff für Muskelmasse zur Verfügung, sondern fördert die Sättigung und kurbelt obendrein noch den Stoffwechsel an. Sportlerherz – was willst du mehr?!
Die Lösung: Achtet auf eine moderate Eiweißzufuhr von ~1,5-2g Eiweiß pro Kilogramm. In einer Diät kann der Anteil gut und gerne auf 2,5g erhöht werden, wobei das in den Augen vieler bereits zu hoch ist (und in den Augen anderer zu wenig – aber man kann es ja nie allen rechtmachen!)
Grund #5: Ihr esst zu wenig Fett
…wie jetzt? Die auch noch?
Ja, die auch noch! Wir können auf Kohlenhydrate verzichten, aber unsere Körper benötigen Proteine und Fette um in der langen Frist zu überleben. Heutzutage nehmen wir von den gesättigten Fetten zu viele und von den ungesättigten Fetten zu wenig auf.
Zwar sind gesättigte Fettsäuren nicht der Übeltäter, für den sie lange gehalten wurden (und werden), doch wenn ihr euch überwiegend fettarm ernährt, dann solltet ihr den Fokus eher darauf legen genügend von den Fetten aufzunehmen, die der Körper nicht selbst herstellen kann –
und das sind eben die essenziellen Fettsäuren, wie sie in Nüssen und Fischölen zu finden sind.
Vergessen sollte man dabei auch nicht, dass zahlreiche Hormone aus Cholesterin hergestellt werden und das unsere Zellmembranen aus Lipiden bestehen, welche auf eine stetige Fettversorgung angewiesen sind. Die Vitamine A, E, D und K lassen sich sogar nur in Gegenwart von Fett verwerten. Damit will ich eigentlich sagen: Es gibt viele gute Gründe um auf die tägliche Fettzufuhr zu achten und auch mal den fetten Fisch auf den Speiseteller zu bringen.
Die Lösung: Selbst bei einer LowFat-Ernährung solltet ihr auf eine entsprechende Aufnahme von essenziellen Fetten (ALA, EPA, DHA) achten. Eine Fettzufuhr von 0,8-1g pro Kilogramm pro Tag solltet ihr schon erreichen, um die Bedürfnisse des Körpers abzudecken.
Abschließende Worte
Ein eingeschlafener Stoffwechsel ist keine schöne Angelegenheit und kann einem die Laune verderben. Gerade wenn der Metabolismus wie am Schnürchen läuft und die zugeführten Kalorien auch entsprechend – in Kombination mit einem satten Kraftprogramm – zur Muskulatur schleust, stellen sich die Erfolge denkbar rasch ein. Vergessen sollte man auch nicht, dass den meisten Menschen das Essen an und für sich Spaß macht; wer einen reibungslos funktionierenden Stoffwechsel hat, der kann auch mehr Schlemmen, ohne dass er eine zu schnelle Gewichtszunahme zu befürchten hat.
Die hier angesprochenen „Basics“ solltet ihr daher in jedem Fall – ob Aufbau oder Diät – einhalten, um langfristig Erfolg zu haben.
Quellen
[1] Lane, MA. / Baer, DJ. / Rumpler, WV. / Weindruch, R. / Ingram, DK. / Tilmont, EM. / Cutler, RG. / Roth, GS. (1996): Calorie restriction lowers body temperature in rhesus monkeys, consistent with a postulated anti-aging mechanism in rodents. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America: 1996; 93 (9); S.4159-4164. URL: http://www.pnas.org/content/93/9/4159.short.
[2] Benzinger, TH (1969): Heat regulation: homeostasis of central temperature in man. In: Physiological Reviews: 1696; 49 (4); S.671-759. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/4898601.
[3] Benzinger, TH. (1959): On physical heat regulation and the sense of temperature in man. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America: 1959; 45 (4); S. 645-659. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC222610/.
[4] Judelson et al. (2007): Hydration and muscular performance: does fluid balance affect strength, power and high-intensity endurance? In: Sports Medicine. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17887814.
[5] Judelson et al. (2007): Effect of hydration state on strength, power, and resistance exercise performance. In: Medicine & Science in Sports & Exercise. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17909410.
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