Wenn es um die Workout-Routine geht, dann gehen die Meinungen selten so sehr auseinander, wie bei der Frage:
Cardio absolvieren oder ignorieren? Und ihr könnt sicher sein, dass
jeder Fitnessjunkie eine eigene Meinung dazu hat – auch ich.
Ich erinnere mich gerne an meine Zeit beim Triathlon zurück. Ausdauersport genoss bei mir stets oberste Priorität, auch wenn ich bereits damals ein begleitendes Krafttraining absolviert habe. Wenn es darum geht geistig abzuschalten und den Alltagsstress hinter sich zu lassen, dann gibt es nichts Besseres als eine ausgedehnte Laufrunde um den Block.
Lockeres Cardiotraining war mein täglich Brot, doch ich wollte nicht nur ausdauernd sein, sondern auch fit und athletisch aussehen.
Das Problem: Egal wie intensiv und wie oft ich trainiert habe, die Veränderung am Körper blieben lange Zeit aus oder entwickelte sich nicht so, wie ich es erwartet hatte. Es dauerte einige Jahre, bis ich schließlich dahinter kam, dass ich den Schwerpunkt für meine Ziele falsch gelegt hatte und einem – leider noch heute beliebten - Mythos aufgesessen war, der da lautet: Cardiotraining bei niedriger und konstanter Intensität ist gesund, bringt Fett zum Schmelzen und sorgt für einen athletischen Körperbau.
…wie falsch ich doch lag!
Cardiotraining im Aufbau
Einige Trainer vertreten die Meinung, dass Cardiotraining in der Aufbauphase verhindert, dass man sich in ein zweites Michelin-Männchen verwandelt. Dies ist ein Trugschluss, immerhin diktiert die Energiezufuhr – und damit die Größe des Kalorienplus – die Zunahme an Masse. Cardiotraining sorgt bestenfalls für einen höheren Energieverbrauch, wodurch man sich eine höhere Kalorienzufuhr erlauben kann. Der Knackpunkt: Es wird häufig zu Lasten des Muskelaufbaus erkauft, was u.a. mit der Zusammensetzung und Faserrekrutierung der Muskulatur zusammenhängt. [2] (Siehe auch den Artikel von meinem Kollegen Mark:
Muskelfasertypen)
Aus diesem Blickwinkel ist insbesondere das Cardiotraining kritisch zu bewerten, welches am gleichen Tag wie das reguläre Eisentraining absolviert wird. Bereits 20-30 Minuten reichen aus, um den Aufbau zu behindern. [2]
Cardiotraining in der Diät
Auf der anderen Seite hört man oft, dass Ausdauersport Trumpf ist, wenn es darum geht die überflüssigen (Fett)pfunde zum Schmelzen zu bringen; immerhin: die meisten Profis erklären das morgendliche Cardiotraining bei niedriger Intensität zur Pflicht und strampeln sich zahlreiche Stunden Fahrradergometer ab – die müssen es doch schließlich wissen, oder?
Sieht man einmal davon ab, dass die meisten Bühnenathleten unter völlig anderen metabolischen Voraussetzungen starten, als die meisten von uns, gibt es unter ihnen nicht wenige, die durch Torschlusspanik und ein übertriebenes Cardiopensum mehr Schaden als Nutzen anrichten. Das Cardio eine effektive Methode zur Fettverbrennung ist, gehört mittlerweile ins Land der Mythen und wer selbst Nachforschungen anstellt, der stellt rasch fest, dass etwaige Abnehmerfolge meist durch eine entsprechende Ernährungsumstellung begleitet werden. [5]
Wahr: Der akute Energieverbrauch von Ausdauersport mag höher ausfallen, als bei einem Workout am Eisen, doch damit unterschlägt man einen entscheidenden Teil der Kalkulation. Kraftsport erhöht den Stoffwechsel – und damit Energieverbrauch – um bis zu 48 Stunden. Dieser „Nachbrenneffekt“ ist bei monotonem Cardiotraining mit niedriger Intensität quasi nicht vorhanden. Das intensive Training mit schweren Grundübungen kann, wie Studien zeigen, einen Mehrverbrauch von bis zu 700 Kilokalorien erzielen, was für die meisten von uns nicht weniger als eine Stunde joggen bedeuten würde – und das zusätzlich zu der Energie, die das Training selbst verbraucht. [3]
Des Weiteren bedeutet verbrannte Energie auf dem Laufband nicht unbedingt, dass diese aus Fettkalorien resultiert. Je nachdem welche Ernährung ihr verfolgt und wie hoch die Trainingsbelastung („Intensität“) ist, wird ein Energiemix aus Fett, Glykogen und Muskelprotein zur Deckung des Energiebedarfs herangezogen. Das viel Ausdauersport nicht unbedingt in einem schlankeren Körper resultiert – jedenfalls nicht ohne Veränderung der Ernährung [5] – zeigt bereits ein Blick in die Studios, wo zahlreiche Damen Jahr um Jahr ihre Einheiten abreißen und dennoch absolut unfit und untrainiert aussehen. Tatsächlich kann zu viel Cardio bei niedriger konstanter Intensität („
steady state cardio“) den Stoffwechsel negativ beeinträchtigen (und zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen); ein Problem, von dem meistens Frauen betroffen sind. [4]
Anstatt durch das Ausdauertraining wohl proportioniert und definiert zu werden, führt stundenlanges Joggen eher dazu, dass Muskelmasse verbrannt wird. Das Gewicht mag auf der Waage sinken, doch der Spiegel zeigt die bittere Wahrheit. Am Ende sind die meisten trotz Idealgewicht mit ihrem Aussehen unzufrieden.
HIIT: Herkömmlichem Cardiotraining überlegen
Ist Ausdauersport also generell eine schlechte Idee für Bodyformer wie uns? Nein, denn mittlerweile mehren sich die Studien, die zeigen, dass stark verkürzte Ausdauereinheiten mit wechselnder Intensitätsbelastung den Fettabbau maximieren und dabei teilweise sogar für Muskelaufbau sorgen. Das Zauberwort heißt
High Intensity Intervall Training („HIIT“) oder simpel formuliert: Sprinttraining.
Die Idee dahinter ist nicht neu und wurde bereits 1937 von dem swedischen Coach Gösta Holmér durch das „Fartlek Training“ beschrieben. Das Training gliedert sich in mehrere Zyklen, wobei ein Zyklus aus einem 30-60 sekündigen Sprint (intensiv) gefolgt von einer sich lohnenden Pause besteht, bei der man für 120-180 Sekunden langsam geht oder joggt (oder eben langsam radelt/schwimmt). Eine Einheit besteht üblicherweise aus 5-8 Zyklen und sollte zwischen 20-30 Minuten dauern.
Das HIIT verbrennt nicht nur während des Trainings Energie, sondern generiert darüber hinaus einen geringen Nachbrenneffekt, der zu einem Mehrverbrauch an (Fett)energie in der Post-Workout-Phase führt – ähnlich wie beim Kraftsport. [3] Die höhere Intensität sorgt für einen Wachstumsreiz, den herkömmliches Cardiotraining bei niedriger Belastungsschwelle nicht liefert und stellt so einen effizienten Schutz vor Muskelabbau dar. „In der Kürze liegt die Würze,“ lautet das Motto!
Für Bodybuilder und all jene, die an einer athletischen Figur interessiert sind, kann nur das intensive Training, gefolgt von ausreichend Ruhe, für eine vorteilhafte Körperentwicklung sorgen. Daher solltet ihr während der Aufbauphase und Diät auf HIIT setzen, sofern ihr stärker und ausdauernder werden wollt. Einige interessante Artikel zum Thema HIIT findet ihr
hier,
hier und
hier.
Quellen
[6] Volek, J. / Phinney, S. (2012): The Art and Science of Low Carbohydrate Performance. LLC Obesity.
Kommentare (3)
Max
December 2, 2013 22:04Wie oft ist HIIT den Ratsam? Tägöich? ODer wegen der Intensität nur alle zwei Tage? Kann man morgens HIIT und Abends eine Runde Schwimmen/Joggen verbinden , oder läuft das direkt auf Muskelabbau hinaus?
alex
December 2, 2013 23:43Seilchenspringen, wo man alle 2 minuten für 20 sekunden richtig gas gibt (210 sprünge in einer minute ist mein rekord gerade) würde auch als HIIT zählen?
Jay
December 3, 2013 11:06Ich trainiere im Moment MO MI FR nach einem GK-Plan, dh. jeden Trainingstag auch die Beine. Kann ich ohne Bedenken zb. am DI eine HIIT-Einheit absolvieren oder sollte ich zwecks Regeneration lieber daruf verzichten?