Autoregulation ist ein Wort das in Mode gekommen ist. Insbesondere mit der Anwendung einiger HFT-Ansätze kam die Autoregulation im Fitnessbereich vermehrt ins Spiel. Und rein theoretisch klingt das auch alles gut und sinnvoll. Praktisch ist die Anwendung jedoch nicht immer so einfach. Auf dem Papier bedeutet Autoregulation, dass man Intensität und Volumen während einer Trainingseinheit an seiner Tagesform abliest. Hat man einen „guten“ Tag, so wird mit höherer Intensität und mehr Volumen trainiert, hat man einen „schlechten“ Tag, so wird mit weniger Intensität und Volumen trainiert. Eigentlich ganz einfach. Theoretisch müsste man also mit dem Prinzip der Autoregulation immer im optimalen Bereich trainieren - theoretisch. Denn die Praxis sieht nicht selten so aus, dass Personen sich an schlechten Tagen oftmals unterfordern und an guten Tagen über das Ziel hinaus schießen. Oder - und auch das ist nicht selten der Fall - man gesteht sich einfach nicht ein, dass man einen schlechten Tag hat und redet sich ein, einen guten Tag zu haben. Die Folge ist eine viel zu hohe Intensität und ein viel zu hohes Volumen für einen solchen eigentlich „schlechten“ Tag.
Das Grundprinzip der Autoregulation und die Grundidee dahinter sind jedoch gut. Wir müssen nur einen gewissen Marker zur Einschätzung unserer Tagesform finden. Dies können wir am besten mit einer Borg- oder einer RPE-Skala.
Die richtige Einschätzung der Intensität
Auf einer Skala von 1-10 ist eine 1 die Satzpause und eine 10 die völlige Ausbelastung im Satz. Bei einem Satz mit 8 Wiederholungen ist eine 10 auf der Skala also der Punkt, an dem wir das konzentrische Muskelversagen erreichen nach 8 Wiederholungen. Sozusagen unser 8RM. Eine 9 auf der Skala wäre dann das Gewicht mit dem man 8 Wiederholungen schafft, sich jedoch sicher ist, die neunte Wiederholung nicht mehr komplett ohne Hilfe absolvieren zu können. Eine 8 auf der Skala bedeutet 1-2 Wiederholungen im Tank zu lassen und eine 7 auf der Skala bedeutet 2-2 Wiederholungen im Tank zu lassen.
Die Trainingsausführung mittels Autoregulation
Nimmt man sich nun vor, einen Satz für 5 Wiederholungen zu absolvieren, sucht man sich das Gewicht aus, mit dem man 5 Wiederholungen schafft. Anschließend reduziert man das Gewicht um 3-7%. Um 3% wenn eher die Intensität und weniger das Trainingsvolumen im Vordergrund steht und um 7% wenn mehr das Volumen und weniger die Intensität im Fokus der Trainingseinheit steht.
Mit diesem neuen Gewicht macht man nun erneut 5 Wiederholungen und schätzt im Anschluss seine Intensität auf der RPE-Skala ab. Hatte man das Gefühl noch 2-3 Wiederholungen schaffen zu können, dann erreicht man eine Intensität von 7. Man macht seine Satzpause, führt den nächsten Satz aus und schätzt sich wieder ein. Dies tut man so lange, bis man während dem Satz das Gefühl hat, eine 8-9 auf der Skala erreicht zu haben. Dann ist die Übung oder das Training für die jeweilige Muskelgruppe beendet.
Ein Training könnte also an einem guten Tag so aussehen:
100kg (RPE 9-10); 92,5kg (RPE 7-8); 92,5kg (RPE 7-8); 92,5kg (RPE 8); 92,5kg (RPE 8-9); 92,5kg (RPE 9)
Umgekehrt könnte es an einem schlechten Tag so aussehen:
100kg (RPE 9-10); 92,5kg (RPE 8); 92,5kg (RPE 9)
Im Falle des schlechten Tages haben wir nach bereits drei Sätzen wieder einen erhöhten Ermüdungsgrad festgestellt und eine 9 auf unserer Skala erreicht. Damit ist das Training beendet und unser Körper signalisiert uns, dass es für heute genug ist.
Am guten Tag konnten wir diesen Punkt um einige Sätze nach hinten verschieben und sind erst später an diesem Punkt angelangt. Unser Körper hat uns also in dem Fall mehr zugetraut und erlaubt. Autoregulation 2.0.
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