In meinem jüngsten Artikel „
Steuerungshormon Leptin und dessen Rolle bei der Körperfettreduktion“ haben wir das Fundament für ein tiefergehendes Verständnis der menschlichen Stoffwechselregulation gelegt und eines der am meisten unterschätzten Hormone unserers Körpers – und dessen Effekte – näher beleuchtet. Hierin sollte klar geworden sein, dass es nicht nur einfach ausreicht die Kalorienzufuhr zu begrenzen („Friss die Hälfte“), sofern man daran interessiert ist dass Körperfett effizient zum schmelzen zu bringen, ohne dabei den eigenen Stoffwechsel gegen die Wand zu fahren (und damit Rebound-Effekten, also dem vielfach gefürchteten Jojo, Tür und Tor zu öffnen).
Es sollte im Interesse aller Diät-Jünger sein, dass man nach einer erfolgreichen und vielleicht mehr als harten Diät nicht bereits nach wenigen Wochen wieder wie das Michellin-Männchen aussieht.
Diät ohne Plan: Die Büchse der Pandora
Allzu häufig entschließen sich Abnehmwillige für Hardcore-Methoden: Während man in der Aufbauphase mit 3.200 kcal zurecht kam, wird in der Defi rigoros auf 1.600-1.800 kcal reduziert, während die Cardio-Einheiten gleichzeitig erhöht werden. Initial ist die Gewichtsreduktion auf der Waage vielleicht sogar mehr als befriedigend, doch bereits nach kurzer Zeit stellt sich Ernüchterung ein: die Diät stagniert. BOOM – das Leptin (mit all seinen negativen Folgeeffekten) schlägt erbarmungslos zu. Doch unser Eisenkrieger lässt sich nicht in die Suppe spucken und reduziert die zugeführten Kalorien noch weiter, joggt noch mehr und schlägt so seinem vermeintlich klügeren Körper ein Schnippchen...vermeintlich!
Ehe sich unser Soon-to-Be-Adonis versieht, wird die Diät zu einem „Full-Time“-Job. Er ist nicht nur ständig hungrig, sondern permanent müde und antriebslos. In der Nacht träumt er von großen Festgelagen, fängt bereits damit an den nächsten Refeed – Pardon - Fressflash zu planen und sich eine deftige Einkaufsliste mit all den Dingen zusammenzustellen, für die er mittlerweile bereit wäre zu töten. Auf der Arbeit traut sich schon längst niemand mehr, ihn ohne triftigen Grund anzusprechen – die Reizschwelle des Kraftsportlers, der mittlerweile weniger isst als meine Schwester in der 4. Klasse, ist inzwischen so niedrig, dass ihn schon geringste Dinge in Rage bringen. Rien ne vas plus. („Nichts geht mehr.“)
Für einige mag dies ein wenig überspitzt sein, doch ich verwette meinen Hintern darauf, dass sich viele unserer Leser darin wiederfinden können. Abnehmen kann jeder, aber schlau abnehmen erfordert ein wenig mehr als das: Geduld, Planung und ein gewisses Know-How darüber, was man tut und weshalb man es tut. Und damit ihr euch nicht im obigen Szenario wiederfindet, haben wir ein paar vitale Tipps für eure nächste Defiphase parat.
1.) Übt euch in Geduld
„Geduld ist eine Tugend,“ so heisst ein bekanntes Sprichwort. Geduld ist auch gleichzeitig etwas, das vielen Menschen – insbesonere den jüngeren Jahrgängen unter uns – fehlt. Es beginnt damit, dass man sich im Studio anmeldet und bereits nach 2-3 Monaten wie Arnold Schwarzenegger in seinen besten Tagen oder wie Greg Plitt, das „Fitnessmodell,“ (höhö) aussehen möchte. Das Erwachen folgt auf dem Fuße, wenn man urplötzlich feststellt, dass doch ein wenig mehr dazu gehört, als 3 Mal die Woche für 3 Monate ein paar Gewichte zu bewegen.
Auch in einer Diätphase hat der Geduldige rein objektiv betrachtet die Nase vorne. Ganz so, wie man über Nacht nicht 20 kg zugenommen hat, so wird man diese 20 kg Schwungmasse auch nicht über Nacht (oder 1 Woche...oder 1 Monat) wieder los.
Ein realistisches Ziel für die Reduktion von Körperfett, ohne dabei die hart erarbeitete Muskulatur zu verheizen, liegt bei einem
Gewichtsverlust von 0,5-1,0 kg pro Woche – ein oft gepredigtes Mantra im Bodybuilding, wofür man nicht von heute auf morgen wie ein kleiner Spatz essen muss. Wer meinen Leptin-Artikel aufmerksam gelesen hat, dem wird die stoffwechselregulatorische Eigenschaft des Fetthormons nicht entgangen sein. Schaltet euer Körper aufgrund zu großer Veränderungen im Energiehaushalt (hohes kcal-Defizit, viel Cardio) erst in den „Überlebensmodus,“ dann geht euer Kortisolspiegel durch die Decke und euer Stoffwechsel – samt Testosteronspiegel - in den Keller.
Merke: Jede Maßnahme, die ihr in der Diät ergreift - sei es in Form einer Kalorienreduktion oder mehr Training - stellt eine entscheidende Variable bei der Fettreduktion dar.
Dreht nicht sofort an allen Schrauben und verheizt euer Pulver nicht in den ersten Wochen. Sind die Kalorien erst einmal unten, euer Trainingspensum oben und euer Stoffwechsel an der Wand, dann werden die kommenden Wochen zu einer echten Tortur. Behaltet immer ein Ass im Ärmel und werdet nicht zu gierig, wenn es um die Zahlen auf der Waage geht.
2.) Setzt Kohlenhydrate strategisch ein
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Reduktion des Kohlenhydratantteils während einer Abnehmphase ein kluger Schachzug ist. Warum? Wie immer spielt das Speicherhormon Insulin eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ziel einer Diät sollte es daher sein unnötige Insulinspitzen zu vermeiden und die Fettverbrennung am Laufen zu halten. Kohlenhydrathaltige Lebensmittel haben jedoch die Eigenart auf massive Art und Weise den Insulinspiegel zu beeinflussen. Ein hoher Füllstand der Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur signalisieren unserem Körper aber auch gleichzeitig, dass genug Energie vorhanden ist – und der Stoffwechsel nicht runtergefahren muss.
Esst Kohlenhydrate daher in der Pre- und Post-Workout-Phase – und nur dort. Befeuert euer Workout mit Energie, wenn sie gebraucht wird und sorgt nach dem Training für eine schnelle Initiierung der Regeneration. Denkt aber stets daran:
„Low Carb“ heisst nicht automatisch „No Carb.“
3.) Plant saubere Refeeds
Refeeds, ob als einzelne hochkalorische, kohlenhydrathaltige Mahlzeiten oder in Form ganzer „High-Carb-Days“ sollten in jeder Diät, die mit Perioden niedriger Kohlenhydratzufuhr („Low Carb“) arbeiten, entsprechend eingeplant werden. Neben der Befüllung leerer Glykogenspeicher besteht die Aufgabe einer hohen Insulinausschüttung darin, dass Schlankheitshormon Leptin zu beeinflussen. Ist der Leptinspiegel oben, so wird auch der Stoffwechsel hochreguliert und weiteres Fett im Nachhinein verbrannt.
Je höher euer Körperfettanteil ist, desto leptinresistenter ist euer Körper, daher sollten Refeeds in seltenen Abständen erfolgen. Wie bereits im gestrigen Artikel dargelegt, gibt es eine Daumenregel: Je niedriger der Körperfettanteil bereits ist, desto öfters solltet ihr einen Refeed einlegen, nämlich im Abstand von 4 (einstelliger KFA) bis 14 (hoher KFA) Tagen.
4.) Esst genügend Fett
Fett ist zu Unrecht seit einigen Jahren der Prügelknabe der Ernährungsbranche, dabei vergessen viele Leute allzu gerne, dass genau dieses Fett ein entscheidender Baustein in der Synthese des männlichen Sexualhormons Testosteron ist (welches von unserem Körper aus Cholesterin hergestellt wird). Der Mythos „Fett macht fett“ hält sich so hartnäckig in der Fitnessbranche, wie die letzten Fettpölsterchen an Bauch und Hüfte – dabei handelt es sich um einen folgeschweren Trugschluss.
Fett ist ein essenzieller, d.h. für das Überleben notwendiger, Makronährstoff (Kohlenhydrate dagegen nicht). Es wird nicht nur für die Herstellung zahlreicher Hormone benötigt, sondern ist auch für die Viskosität (Geschmeidigkeit & Durchlässigkeit) unserer Körperzellen verantwortlich. Wer obendrein eine LC-Diät betreibt, der sollte auf diesen dicht-gepackten Nährstoff nicht verzichten. Man kann zwar die Zufuhr beider Makros – Fett und Kohlenhydrate – bis zu einem gewissen Umfang reduzieren, doch als Sportler (und vor allem Muskelbauer) seid ihr auf einen der Energieträger angewiesen.
Low Fat & Low Carb? Geht gar nicht.
Führt auch während einer Diät genügend Fette in eure Ernährung hinzu, mindestens aber 0,8-1,0g pro Kilogramm. Wenn gespart wird, dann an den Kohlenhydraten.
5.) Diätende: Fügt Kalorien langsam hinzu
Die Diät ist zu Ende, endlich kann der Aufbau wieder losgehen und die Portionen wieder größer werden! Richtig? Falsch! Nichts ist tödlicher für eine erfolgreiche Diät, als wenn unser nun hoffentliche trockener Adonis von 0 auf 100 schaltet, die Kalorien hochjagt und sich Hals über Kopf in die nächste „Massephase“ stürzt. Egal wie langsam ihr diätet und wie gut ihr geplant habt: euer Stoffwechsel wird sich immer auf die eine oder andere Weise verlangsamen. Das Ziel sollte daher sein, die Kalorienzufuhr (Kohlenhydratzufuhr) langsam anzuheben, um Fett-Rebounds zu vermeiden.
Gerade nach einer strengen Diät reagieren eure Fettzellen wie ein trockener Schwamm, den man ins Wasser taucht. Ehe man sich versieht, ist ein Großteil der Kilos wieder auf der Hüfte und die nächste Diät nicht mehr weit.
Erhöht die Energiezufuhr langsam und stetig, z.B. 200 kcal pro Woche mehr.
6.) Vermeidet ausufernde „Massephasen“
Da ich auf diesen Punkt bereits im gestrigen Artikel eingegangen bin, erspare ich mir die kleinen Details. Daher noch einmal in der Kurzausführung: Je mehr Körperfett ihr in der Aufbauphase auf die Hüften bekommt, desto länger wird auch die anstehende Diät dauern, desto mehr stoffwechselabhänige Probleme werdet ihr auch haben (Leptin- und Insulinresistenz).
Studien zeigen, dass der massive Verlust an Körpermasse (bei Erhalt der Magermasse) zu einer Stoffwechselverlangsamung führt, die unproportional zum Gewichtsverlust steht, was vermutlich mit dem Set-Point zu tun hat. (Also dem homöostatischen Gleichgewicht eures Körpers in kg, an das er gewöhnt ist). Die Neuausrichtung dieses Set-Points dauert in der Regel mehrere Wochen bis Monate und bedingt ein mehr oder weniger konstantes Gewicht: Permanente Fluktuationen verwirren den Körper.
Wenn ihr bereits mit einem hohen KFA ins Rennen geht und viele Kilos purzeln müssen, dann könnt euch dies vielleicht betreffen. Habt ihr erst einmal einen soliden KFA erreicht, dann solltet ihr darauf achten, dass dieser in einem stets verträglichen Rahmen (10-15 % (Mann) bzw 20-22 % (Frau) bleibt.
7.) Haltet euch an den Plan & bleibt informiert
Diäten ist ein schmutziges Geschäft und wir sind vermutlich alle bereit, hart für unseren Körper zu ackern damit wir eines Tages die Früchte unserer schweißtreibenden Arbeit ernten können. Kraftsportler und Bodybuilder zählen zu einer Personengruppe, die sich bewußt ist, dass einem im Leben nichts einfach so zufällt und dass man diszipliniert, geduldig, entschlossen sein und auch mal verzichten muss, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
Umso entscheidender ist es aber, dass man sich an den ausgearbeiteten Plan hält und stetig über die neusten (wissenschaftlichen) Erkenntnisse informiert. Mythen werden entzaubert, neue Methoden entwickelt, Alte werden verworfen. All die Entschlossenheit und Disziplin nützt euch rein gar nichts, wenn ihr auf die falschen Behauptungen und Lügen hereinfallt, die in unserer Branche leider viel zu oft als eherne Gesetze gesehen werden. Die Verantwortung hierfür liegt jedoch bei jedem selbst und gestaltet sich wie das allseits bekannte Sprichwort: „Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Zeige ihm wie man angelt und er wird nie mehr hungern.“
Wenn ihr Scharlatane und Dummschwätzer, die euch Bullshit auftischen, erkennen wollt, dann führt kein Weg daran vorbei selbst in die Materie einzusteigen. (und ihr seid auf dem besten Weg dahin! ;) )
Kommentare (1)
Unbekannt
September 22, 2014 19:33cheatdaaaay!!! :D