Kohlenhydrate nach dem Training: Unverzichtbar oder vollkommen überbewertet?

Der typische Post-Workout-Shake, wie er häufig von Trainer, Beratern und Sportlern empfohlen wird, setzt sich in der Regel aus einem Whey Protein und hochglykämischen Kohlenhydraten wie Dextrose, Maltodextrin oder Wachsmaisstärke zusammen. Normalerweise wird bei den Kohlenhydraten eine Größenordnung von 0,5-1g pro Kilogramm Körpergewicht angesetzt. Ein 80kg schwerer Fitness-sportler würde somit zwischen 40g und 80g dieser Kohlenhydrate nach dem Training zuführen. Begründet wird dieses Vorgehen dadurch, dass es während dem Training zu einem Anstieg des Stresshormones Cortisol kommt, welches zu einem Proteinabbau führen soll. Konkret ausgedrückt, Muskelprotein wird „angegriffen“ und abgebaut. Die Zufuhr von Kohlenhydraten soll diesen Prozess direkt unterbinden. Doch sind wirklich Kohlenhydrate notwendig? Wir wollen einen genaueren Blick darauf werfen.

Proteinsynthese und Proteinabbau

Während intensivem Training kommt es tatsächlich zu einem Anstieg des Hormones Cortisol. Dies ist aber bei weitem nicht so tragisch wie häufig gedacht wird. Genau genommen ist dies sogar ein notwendiger Prozess. Der Körper versucht auf diese Weise schlichtweg Energie zu mobilisieren – und diese wird gebraucht, um unsere Trainingsaktivitäten umzusetzen. Nach einer entsprechenden Trainingseinheit haben wir dann das Szenario, dass der Proteinabbau die Rate des Proteinaufbaus übersteigt. Sprich, es werden mehr Muskelstrukturen abgebaut als aufgebaut und wir befinden uns in einer negativen Proteinbilanz. Nun, das ist natürlich nicht im Interesse derjenigen, die Muskeln aufbauen wollen. Also müssen wir diesen Prozess schleunigst umkehren und das wollen wir in der Regel mit dem Protein-Kohlenhydrat-Shake erreichen.

Steigerung der Proteinsynthese

Eine Steigerung der Proteinsynthese sollte das Erste sein, was wir erreichen wollen. Wir möchten den Aufbau neuer Proteinstrukturen fördern. Hierzu sind jedoch keine Kohlenhydrate notwendig. Einzig und alleine eine ausreichende Zufuhr an Aminosäuren ist hier von Belang. Genau genommen sind es die essentiellen Aminosäuren, die hier die entscheidende Rolle spielen. Bereits 6-10g essentielle Aminosäuren sind ausreichend für eine maximale Steigerung der muskulären Proteinaufbauprozesse bzw. um diese in gang zu setzen. 10g essentielle Aminosäuren erhält man bereits über die Zufuhr von 20g Whey Protein.

Reduktion des Proteinabbaus

Um die belastungsinduzierten Abbauprozesse im Muskel zu stoppen werden in der Regel Kohlenhydrate zugeführt. Denn den Abbau der Proteinstrukturen kann man effektiv über das Hormon Insulin stoppen. Möchte man nun also einen kurzfristig hohen Insulinspiegel, so liegt es nahe, hochglykämische Kohlenhydrate zu konsumieren. Die Frage ist nun nur, wie hoch muss denn der Insulinanstieg nach dem Training wirklich sein? Wie einige Studien zeigen konnten, nicht so hoch wie viele Sportler immer denken. Genau genommen reicht der Insulinanstieg der durch die zuvor angesprochenen 20g Whey Protein ausgelöst wird vollkommen aus, um einen belastungsinduzierten Proteinabbau zu unterdrücken. 20g Whey stoppen also den Abbau von Muskelgewebe nach dem Training und liefern gleichzeitig auch noch genügend Material zur Anregung des Proteinneuaufbaus und unterm Strich kommt es dadurch zu einer positiven Proteinbilanz im Muskelgewebe.

Sind Kohlenhydrate nach dem Training dann also komplett unnütz?

Nein. Komplett unnütz nicht. Nur zur Einleitung des Muskelaufbaus mittels der Erzeugung einer positiven Proteinbilanz nicht notwendig. Wer jedoch mehrere Trainingseinheiten täglich absolviert und eine schnelle Wiederauffüllung der Kohlenhydratspeicher der Muskulatur anstrebt, sollte unbedingt Kohlenhydrate im Post-Workout-Shake konsumieren. Für den Fitness-Athleten reicht jedoch der obligatorische Proteinshake nach dem Training vollkommen aus.
Tags: Muskelaufbau

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